Das im letzten Beitrag beschriebene Buch von oder über Heinrich von Staden könnte man aus wissenschaftlicher Sicht einfach verschweigen. Frank Kämpfer tut dies übrigens; es kommt auf seiner Homepage, auf der man wissenschaftliche Arbeiten einsehen kann, nicht vor.

Da das Buch nun schon einmal da ist, könnte man es der Vollständigkeit halber in einer Fußnote im Aufsatz erwähnen, etwa so: „eine populärwissenschaftliche Ausgabe der Autobiographie Stadens findet sich in dem Buch… (und hier dann die bibliographische Angabe einfügen)“. Und damit wäre man fertig.

Die Sache ist jedoch nicht ganz so einfach. Anna Choroškevič bezieht sich nämlich in ihrer Einleitung zur Biographie Stadens  auf das „Buch Kämpfers“. Nun ist das Buch von Choroškevič eine Ausgabe des Verlags der russischen Akademie der Wissenschaften, und als solches als wissenschaftliche und kritische Ausgabe der Werke Stadens in Frühneuhochdeutsch und Russisch mit einer Einleitung und einem ausführlichen, einen Band einnehmenden Kommentar versehen und damit ausdrücklich für den wissenschaftlichen Gebrauch ausgewiesen.

Zwar merkt Choroškevič (S. 26, FN 53) an, dass es sich bei dem Buch Kämpfers um eine Arbeit des Professors mit seinen Studierenden handelt. Doch bezieht sie sich im folgenden in ihrer Einleitung auf dieses Buch.

S. 32, zitiert sie die Bemerkung (Staden 1998, S. 99), dass die Überschrift „Moscowiter Land und Regierung“ nicht wirklich greift, weil Staden einen „Erfahrungsbericht über das Herrschaftssystem“ schreibe. Wozu der Erfahrungsbericht jedoch diente und warum er trotzdem eine Überschrift enthält, die eine Beschreibung von Land und Regierung enthalten soll, hat bisher noch niemand erklärt und werde ich demnächst in einer Publikation erklären.

S. 33, als Beleg dafür, dass Staden die Quelle des Unrechts in Russland – Ivan IV. – verschweigt (Staden 1998, S. 102), was schlichtweg falsch ist, weil der Zar im Text als rechter Tyrann dargestellt wird, wie ich wiederum belegen kann.

Das Problem ab  Choroškevičs Umgang mit dem populärwissenschaftlichen Buch über Heinrich von Staden ist, dass sie es zwar als populärwissenschaftlich benennt, es jedoch zitiert (Staden 1998) wie ein wissenschaftliches Werk und es außerdem wie gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis zitiert, was in beiden Fällen grenzwertig ist. Denn das Buch Staden 1998 liefert keine Beweise für seine Behauptungen, die Choroškevič durch ihre Zitierweise in einem Buch der Akademie der Wissenschaften als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse hinstellt. Was aber einmal so steht, ist schwer aus dem wissenschaftlichen Diskurs wieder heraus zu bekommen. Und deshalb der Ärger über die bibliographischen Angaben.

Zur Vollständigkeit hier die genaue bibli0graphische Angabe der Ausgabe der Akademie der Wissenschaften und als Zugabe die Einleitung von Choroškevič:

Štaden, Genrich: Zapiski o Moskovii, Tom pervyj: Publikacija, Moskva 2008

Štaden, Genrich: Zapiski o Moskovii, Tom vtoroj: Stat’i i kommentarii, Moskva 2009

Choroškevič, Anna L.: Vstuplenie, in: Štaden, Genrich: Zapiski o Moskovii, Tom pervyj: Publikacija, Moskva 2008, S. 8-60