Bei uns nebenan im Neandertal lebt neuerdings wieder eine Herde von Auerochsen, obwohl ich sie bei meinen letzten Spaziergängen nicht sehen konnte. Sie waren in ihren Ställen, anstatt auf der Weide.
Die Auerochsen im Neandertal sind Nachzüchtungen eines ausgestorbenen Tieres, das von Adeligen gerne bejagt wurde. Die letzten Auerochsen lebten in einem ursprünglichen Wald in Polen noch im 16. Jahrhundert, und schon zu dieser Zeit war man sich der Tatsache bewusst, dass sie selten waren.
Zum Ende des 16. Jahrhunderts wurden die Auerochsen gezählt und dem Sejm, dem Parlament, regelmäßig Auskunft darüber gegeben, wie viele noch vorhanden waren. Zunächst noch um die 50 Exemplare, einige Jahre später nur noch 26, zum Schluss noch vier Exemplare, eine Kuh und drei Stiere. Die Stiere starben innerhalb von vier Jahren auch, und von der verbleibenden Kuh wurde berichtet, dass sie sich auf der Erde zusammenrollte, ihre Hufe unter sich zog und sanft entschlief. Genutzt hat das Zählen nicht wirklich etwas.
Soviel zum Tod der letzten Auerochsen-Kuh, einem lebendigen Oxymoron, denn wie kann ein Ochse eine Kuh sein?
Die Schuldigen am Tod der Auerochsen waren übrigens schnell ausgemacht. Nicht etwa wurden die Auerochsen vom Adel zu sehr bejagt und ihre Hörner in Ziergegenstände umgewandelt. Nein, die Bauern waren Schuld, die ihr Vieh in den Urwäldern weiden ließen und die Auerochsen derart verschreckten, dass sie aufhörten sich zu paaren und zu vermehren.
Es ist immer schön zu sehen, dass in früheren Zeiten die Welt noch in Ordnung war dergestalt, dass der Adel adelig und unantastbar, der Nicht-Adel unadelig und schuldig war.