Ganz selbstverständlich hat David Miller in seiner Studie zum Troica-Kloster auch ein Kapitel über Frauen und ihre Beziehung zum Kloster eingebaut. Dies ist auf den ersten Blick erstaunlich, handelt es sich bei Miller doch schon um einen emeritierten Professor. Diesen traut man einen Blick auf die Geschlechterverteilung gar nicht so wirklich zu. Um so mehr ist hervorzuheben, dass Miller natürlich Recht hat, wenn er auf die Geschlechterverteilung schaut. Und dass eine solche Studie ganz selbstverständlich in jedes gute Geschichtsbuch gehört.

Miller hat folgendes herausgefunden: 17% der Menschen, die dem Troica-Kloster etwas schenkten, waren Frauen. Eine von ihnen hat ihr Testament sogar selbst geschrieben. Andere erfüllten den letzten Willen ihres Mannes, wenn sie dem Kloster etwas vermachten.

Alle Frauen wollten, dass „für die Seele“ von Verstorbenen gebetet wurde. Bei der Auswahl der Verstorbenen zeigt sich, dass die Frauen auch für Angeheiratete oder ihre Herkunftsfamilie um Gebete baten, nicht nur für die Familie des Ehemanns. Es zeigt sich hier, dass Frauen in Moskovien die sozial Mobilen waren, während die Männer in ihren Herkunftsfamilien blieben. Männer achteten auch weniger darauf, das durch Heirat aufrecht erhaltene soziale Netzwerk in ihre Gebetswünsche einzubeziehen.

Es zeigt sich auch, dass Frauen in ähnlicher Weise wie Männer über ihren Besitz verfügten. Dies ist eine der geschlechtergeschichtlichen Besonderheiten in Moskovien. Ich gehe davon aus, dass dieser eigene Besitz von Frauen auf den varägischen Einfluss im Frühmittelalter zurück geht und sich bis in die Neuzeit erhalten hat. Dies ist ein Feld für weitere Forschungen.

Schließlich nutzten die Großfürstinnen und Zarinnen die Wundertätigkeit des Heiligen Sergij aus. Seit Sofija Paläolog im 15. Jahrhundert pilgerten diese Frauen zum Troica-Kloster, um um männlichen Nachwuchs zu bitten. Hatten sie Erfolg, propagierten sie diesen. Auf diese Weise entstanden im 16. Jahrhundert Legenden, in denen durch die Intervention des Heiligen Sergij die männlichen Nachkommen der Großfürsten empfangen wurden.

Dass die Großfürstinnen erst durch die Produktion eines männlichen Erben zu gleichwertigen Protagonistinnen im Machtspiel in Moskovien wurden, steht auf einem anderen Blatt und wurde von Isolde Thyrêt bestens beschrieben.

Die Einbeziehung von geschlechtergeschichtlichen Forschungen zeigt also eine andere Facette der Geschichte des Troica-Klosters und seines Heiligen Sergij auf. Gleichzeitig sehen wir etwas von dem Spielraum, den die Geschlechter hatten, und der für die Frauen vielleicht ein wenig größer war als für die Männer.

Literatur:

Thyrêt, Isolde: Between God and Tsar. Religious Symbolism and the Royal Women of Muscovite Russia, DeKalb 2001.