Das Verhalten Ivans IV., des „Schrecklichen“, hat Historikerinnen und Historiker durchaus zum Verzweifeln gebracht. Im Internet findet sich nun ein Artikel, der Ivans Verhalten unter dem Gesichtspunkt einer „ikonischen Performance“ untersucht und zu dem Schluss kommt, dass der Zar 1570 in Novgorod ein irdisches Abbild des apokalyptischen Weltengerichtes inszenierte.
Diese Interpretation ist sowohl originell als auch folgerichtig, und es ist schade, dass sie nur im Internet und nicht in Fachzeitschriften publiziert wurde. Auch ist die Autorin, Ol’ga Čumičeva, in Fachkreisen nicht bekannt. Dies ist bemerkenswert, weil der Fachkreis recht klein ist.
Čumičeva geht in ihrer Analyse sehr geschickt vor. Da viele der Quellen zum „Antiverhalten“ Ivans IV. erst im 17. Jahrhundert entstanden sind, nimmt sie ein Ereignis heraus, das für das 16. Jahrhundert mit unterschiedlichen Quellen verbürgt ist: den Vergeltungszug des Zaren gegen Novgorod im Jahr 1570.
Zwar geht die Autorin dann nicht quellenkritisch vor und benutzt z.B. auch eine deutsche Flugschrift von 1584. Doch verlässt sie sich hier auf die Forschungslage, die für diese Flugschrift ein Entstehungsjahr von 1570 und außerdem zwei namentlich benannte Autoren annimmt, Taube und Kruse.
Ihre Annahmen sind deshalb, wenn man die Forschungslage ansieht, so weit richtig und was das apokalyptische Gericht angeht, sehr lesenswert und originell.
Die Quellen zum Antiverhalten Ivans IV. weiter zu untersuchen und z.B. den Forschungsstand zu Taube und Kruse, der von 1922 stammt, einmal vom Stand heutiger quellenkritischer Forschungen aus zu betrachten, steht allerdings dringend an. Aber auch dies gehört zu historischer Forschung dazu, aus gut recherchierten Artikeln Anregungen für weitere Überprüfungen zu erhalten.
Den Artikel Čumičevas können Sie in russischer Sprache hier lesen.
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