Christoph Schmidt hat unter dem etwas reißerischen Titel „Pilger, Popen und Propheten“ eine Religionsgeschichte Osteuropas vorgelegt. Dies ist ein großes Vorhaben, bedeutet „Geschichte“ doch, dass man möglichst vor den jeweiligen Christianisierungen ab dem 10./11. Jahrhundert anfängt zu beschreiben. Und bedeutet „Osteuropa“, dass man einen geographischen Raum von Mitteleuropa bis zum Ural, vom Baltikum bis zur Halbinsel Krim beschreibt.

Diese komplexe Geschichte zu schreiben gelingt nur, wenn man sich, wie Schmidt dies getan hat, auch wirklich auf die Religionsgeschichte beschränkt. Das heißt, dass die politische Geschichte zwar erwähnt aber als bekannt vorausgesetzt wird. Wer also keine Ahnung von den politischen Geschehnissen an europäischen Orten wie Polen, Russland, der Krim, der Ukraine, Polen-Litauen, Litauen oder an der Vol’ga hat, wird beim Lesen damit beschäftigt sein, sein Wissen um diese Regionen aufzubessern.

Dann aber versteht er, warum Schmidt keine nationale Religionsgeschichte schreibt, sondern eine regionale Religionsgeschichte. Unabhängig von Nationen haben sich neben dem Schamanismus oder Animismus nämlich die drei monotheistischen Religionen in Osteuropa ausgebreitet. Und sie haben die unterschiedlichsten Ausprägungen erfahren.

Der Islam, von den Vol’ga-Bulgaren bereits im 10. Jahrhundert angenommen, prägte sufistische Formen gegen die Institutionalisierung der Religion im russischen Kaiserreich aus.

Das Judentum prägte den Chassidismus aus gegen den Assimilierungsdruck während der Aufklärung.

Im Christentum entstanden  Formen wie die russischen Altgläubigen in unterschiedlichen Ausprägungen. Und zusätzlich die unterschiedlichsten Konfessionen seit der Reformation: Russisch-Unierte, polnische Reformierte, Russisch-Orthodoxe oder polnische Katholiken.

Das alles kann man lernen, wenn man vorher sehr genau über die Geschichte Osteuropas seit dem Frühmittelalter Bescheid wusste. Für Anfänger ist die Lektüre mit Sicherheit mühsam, müssen sie sich doch erst erarbeiten, was der Autor voraussetzte. Aber dann hat es sich gelohnt.

Literatur:

Schmidt, Christoph: Pilger, Popen und Propheten. Eine Religionsgeschichte Osteuropas Paderborn 2014.