Manche Dinge in der Osteuropageschichte bleiben ein Rätsel. So zum Beispiel das Igor’lied., die im 18. Jahrhundert gefundene epische Erzählung von der Heerfahrt Igor’s, die gerne auf das frühe Mittelalter datiert wird.
Die Linguisten sagen, dass das Igor’lied nur slavisches Gut enthält, so dass wir davon ausgehen können, dass es eine slavische Schöpfung ist. Auch wenn einige Wörter heute unbekannt sind, kann man nicht sagen, dass das Igor’lied eine Fälschung ist.
Literaturwissenschaftler sind skeptisch, weil sie sonst keine altrussischen epischen Heldenlieder kennen. Also war das Genre eventuell in Altrussland gar nicht bekannt und jemand hat im 18. Jahrhundert etwas dazugedichtet.
Kulturwissenschaftler ordnen das Igor’lied gerne in Fälschungsgeschichten sowohl im Mittelalter als auch in der Neuzeit ein. Das Igor’lied als Beweis eines epischen Heldengenres in Altrussland diente dazu, die Literaturgeschichte Russlands an die des Westens anzugleichen.
Mari Isoaho aus Helsinki hat auf der letztjährigen ASEEES-Tagung eine neue Parallele aufgetan. Sie findet starke Parallelen in der Struktur und im Ablauf des Heereszugs Igor’s wie er im Igor’lied erzählt wird ausgerechnet in einer Kreuzfahrererzählung aus dem 14. Jahrhundert. Die Parallelen waren augenfällig und überzeugend.
Was immer dies auch alles bedeutet. Klar ist: in der Osteuropageschichte bleibt es spannend und nicht alle Rätsel können als gelöst gelten.
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