Im 16. und 17. Jahrhundert suchten die russischen Zaren ihre Ehefrauen auf sogenannten Brautschauen aus. Hierzu wurden Frauen im gebärfähigen Alter in ganz Russland inspiziert und einige von ihnen nach Moskau eingeladen. Der Zar, im Falle Peters des Großen seine Mutter, und die nächsten Bojaren suchten schließlich unter etwa 10 Frauen eine aus.

Offiziell wurde die Brautschau so dargestellt, als suchte der Zar allein unter allen in Frage kommenden Frauen diejenige aus, die ihm am besten gefiel. Dies führte zu den unterschiedlichsten Beschreibungen der Brautschauen durch Ausländer.

Die in Moskau gewesenen Westeuropäer, die Beschreibungen Russlands aus unterschiedlichen Gründen, jedoch meistens des Gelderwerbs durch eine gute Stelle wegen, schrieben, beschrieben auch die Brautschauen. Die offizielle Version der Moskoviter führte dazu, dass die Allmacht des Zaren, der unter allen gebärfähigen Jungfrauen seines Landes eine aussuchte, in die er sich verliebte, besonders herausgestellt wurde.

Bei den westeuropäischen Männern führte diese offizielle Darstellung zu schwülstig zu nennenden Beschreibungen der Brautschauen, in die viele Männerphantasien einflossen. So meinten einige, der Zar suche die Frauen danach aus, welche ihn beim Beischlaf besonders gut befriedigten. Die nicht zufrieden stellenden Frauen würden an seine Würdenträger verheiratet. Oder aber sie meinten, der Zar suche persönlich aus tausenden von Frauen die eine aus, in die er sich verlieben konnte. Oder er ließe sie nackt vor sich stehen und suchte sie danach aus. In jedem Falle meinte man, dass allein der äußere Anblick zählte, nichts anderes.

Die Darstellungen der Brautschauen zeugen weniger von historischer Realität als von Männerphantasien im 16. und 17. Jahrhundert. Weit jenseits der historischen Realität in Moskau ist es hier interessant zu untersuchen, in welchem Umfeld diese Phantasien gedieen und wie sie aufgenommen wurden.