David B. Millers Darstellung des von Sergij gegründeten Troica-Klosters in Radonež zeigt einige Besonderheiten dieses Klosters auf.

Sergij wurde im 15. Jahrhundert zum all-russischen Heiligen und Retter der Rus‘ vor den Tataren stilisiert und im 16. Jahrhundert dafür wiederum benutzt. Hierzeigt sich das Prestige, das von seinem Kloster ausgegangen ist.

Gleichzeitig zeigt Millers Analyse der sozialen Herkunft der Mönche des Klosters auf, dass hier eine Regel durchbrochen wurde. Die mittelalterlichen Klostergründungen in der nördlichen Rus‘ brachten im Wesentlichen Menschen aus den niedrigeren Schichten die Möglichkeit, in der kirchlichen Hierarchie und zum Preis der Askese aufzusteigen. Sie konnten sogar Bischöfe oder Metropoliten werden.

Die Hierarchie im Troica-Kloster sah anders aus. Das Kloster wurde von einem Ältestenrat regiert, der sich aus Mönchen von adliger und landbesitzender Herkunft zusammen setzte. Sogar Söhne von Moskauer Bojaren konnte man dort antreffen. Dieser Ältestenrat bestimmte über die ökonomischen und sonstigen Belange des Klosters. Setzte ihnen der Großfürst einen Abt ein, so musste dieser mit den Ältesten zusammen arbeiten, ob er wollte oder nicht. Kam der von außen eingesetzt Abt mit den Klosterältesten nicht zurecht oder wollte er etwa Dinge durchsetzen, die sich mit den Ansichten des Rates nicht vertrugen, so wurde er gnadenlos aus dem Kloster gemobbt.

Diese Regierungsform des Konformismus zwischen Oberschicht und „Herrscher“ findet sich ebenso in der großfürstlichen Residenz in Moskau wieder. Für Männer aus der Oberschicht lohnte es sich im Falle der Troica-Sergieva Lavra also, ins Kloster zu gehen. Sie konnten eines analogen Platzes in der Klosterhierarchie gewiss sein und gleichzeitig ihre Seele retten.

Im Falle der Troica Lavra wurde also im Kloster ein Abbild der weltlichen Herrschaftsform geschaffen und fortgeführt. Urbild und Abbild in Reinform.