Neben der Frage, wie viele Ehefrauen Ivan IV. eigentlich hatte, fragt man sich in der Forschung auch, ob diese Eheschließungen nach kanonischem Recht überhaupt gültig waren.

Die orthodoxe Kirche erlaubt nach der ersten Ehe maximal zwei Wiederverheiratungen. Diese müssen schriftlich beantragt und begründet werden. Weitere Wiederverheiratungen sind im kanonischen Recht nicht vorgesehen.

Russell Martin hat gezeigt, dass Ivan IV. wenigstens sechs-, wenn nicht siebenmal verheiratet war. Er hat außerdem einen Teil der Korrespondenz des Zaren und seiner Berater mit dem Metropoliten gefunden, in der um eine Wiederverheiratung gebeten und in der dieser stattgegeben wird. Interessant ist, dass der Zar und seine Berater persönliche und religiöse Gründe angeben: die Kinder des Zaren sind noch jung (und brauchen eine Mutter), der Zar ist noch jung (und kann schlecht keusch leben). Der Metropolit gab den Gründen nach und vollzog die Liturgie für  die zweite und die dritte Ehe.

Für die vierte bis siebte Ehe nimmt Martin an, dass ebenfalls die Erlaubnis des Metropoliten vor lag. Die orthodoxe Kirche erlaubt Ausnahmen von der Regel – die kirchliche Ökonomie -, wenn bestimmte Auflagen und Kirchenstrafen beachtet werden. Martin sieht die Erlaubnis des Metropoliten darin, dass auch die weiteren Ehen Ivans IV. nach orthodoxem Ritus vollzogen wurden. Allerdings scheint der Metropolit sich insofern von den weiteren Hochzeiten distanziert zu haben, als dass er nicht mehr selbst die Eheschließung vornahm. Dies tat der Beichtvater des Zaren.

Der Metropolit konnte sich so von den nicht mehr kanonischem Recht entsprechenden Eheschließungen distanzieren, musste ihnen aber nicht im Wege stehen. Ein guter Kompromiss im Sinne der kirchlichen Ökonomie.

Waren die Eheschließungen kanonisch und gültig? Ja, sagt Martin, und man muss ihm hier zustimmen. Sie kamen nach orthodoxem Ritus und sehr wahrscheinlich mit Erlaubnis des Metropoliten zustande, waren deshalb gültig.

Der sowjetische Historiker S.B. Veselovskij meint, dass Ivan die vierte bis siebte Ehe „als guter Christ“ als nicht mehr kanonisch ansah. Dies ist nach Martins Quellenlage abzulehnen. Gerade weil Ivan IV. ein guter Christ war, achtete er darauf, dass seine Ehen ordentlich nach orthodoxem Ritus geschlossen wurden und gültig waren. Dies wirft ein Licht auf die Religiosität des „schrecklichen“ Zaren.