Russell Martin zeigt in seinem Buch über Brautschauen, dass Ivan IV., der „schreckliche“, wahrscheinlich sieben Mal, vielleicht nur sechs Mal verheiratet war. Alle diese Ehen waren kanonisch gültig und wurden auch von dem religiösen Zaren als gültig angesehen.

Martins Einblick in die Quellen der Zarenkanzleien zum Thema Eheschließungen sowie sein Blick über diese Quellen hinaus zum Forschungsstand macht deutlich, warum der Zar so oft verheiratet war. Es lag nicht etwa daran, dass er ein Wüstling war, der von Sex nicht genug haben konnte, wie er gemeinhin dargestellt wird.

Vielmehr war die Einführung des Primogenitur am Anfang des 16. Jahrhunderts dafür verantwortlich, dass in der großfürstlichen Dynastie bald Mangel an männlichen Erben herrschte. Schon die Brüder Ivans III. erhielten von ihrem großfürstlichen Bruder einfach keine Erlaubnis zum Heiraten und damit zum Zeugen von legitimen, erbfähigen Söhnen. Auch die Brüder Vasilijs III. erhielten keine Erlaubnis zum Heiraten, bis auf Andrej Ivanovič, der Fürst von Starick und dem Großfürsten loyal ergeben war.

Als Vasilij III. 1533 starb, enthielt die großfürstliche Linie zwei Söhne, von denen der eine ein, der andere drei Jahre alt war, zudem zwei Brüder Vasilijs, von denen der eine einen minderjährigen Sohn, Vladimir, hatte, der andere unverheiratet war und prompt ins Gefängnis geworfen wurde, wo er bald darauf starb. Die Regierung bis zum Amtsantritt Ivans IV. 1547 war ziemlich turbulent und von Ungleichgewichten bei den regierenden Adeligen geprägt. Dem versuchte man dadurch beizukommen, dass man 1547 schnell für die Verheiratung und damit die Fortpflanzung der verbliebenen männlichen Erben sorgte.

1547/48 heirateten Ivan IV., sein Bruder Jurij und sein Cousin Vladimir Andreevč, Zumindestens ersterer und letzterer sorgten für erbfähige Söhne. Allerdings war die Kindersterblichkeit hoch. Als die Zarin Anastasija Romanovna starb, hinterließ sie zwei jugendliche Söhne. Ivan IV. sah sich also gezwungen, wieder zu heiraten und weitere Söhne zu zeugen, um die Erbfolge in der Dynastie zu stärken. Allerdings konnte er mit den wenigsten der Ehefrauen, die er hatte, weitere Söhne zeugen.

1569 beging Ivan den Fehler zu meinen, dass seine Dynastie mit seinen Söhnen ausreichend in ihrem Fortbestand gewährleistet sei. Er rottete deshalb die Familie seines Cousins Vladimir Starickij bis auf eine Tochter, die er dynastisch weiterverheiratete, aus. Woraufhin er sich gezwungen sah, eine weitere Ehe einzugehen. Doch erst mit der siebten und letzten Ehe erfüllte sich sein Wunsch nach männlichen Nachkommen wieder. Mit Marija Nagaja zeugt er den Sohn Dmitrij, der bei seinem Tod 1584 jedoch erst zwei Jahre alt war.

Ivan IV. heiratete also nicht so oft, weil er ein schrecklicher Wüstling war, sondern um Kinder für die Dynastie zu zeugen. Dies wird aus Russell Martins Quellen deutlich.

Dass Ivan die vielen Heiraten nichts genützt haben, steht auf einem anderen Blatt. Nachdem sein Sohn Ivan Ivanovič 1582 unter in der Forschung noch nicht geklärten Umständen ums Leben gekommen war, folgte ihm sein erwachsener Sohn Fedor auf den Thron. Dmitrij starb 1591, keine zehn Jahre alt, unter ebenfalls in der Forschung noch nicht geklärten Umständen.

Fedor Ivanovič hatte nur Töchter, die alle im Kleinkindalter starben. Mit ihm starb die Dynastie aus. Das viele Heiraten Ivans IV. hat also – man ist versucht zu schreiben: tragischerweise – nichts genützt.